Teilprojekt 8 (AiF)

Charakterisierung, Simulation und Erprobung ausgewählter physikalischer Schaumzerstörungsverfahren in großskaligen Produktionsanlagen

Motivation
Bei der technischen Produktion von Feinchemikalien sowie Lebensmitteln und Getränken kommt es häufig zu einer Bildung von unerwünschtem Schaum, der zu einer wesentlichen Änderung von Massen-, Impuls- und Energietransporteffekten sowie (bio-) chemischen Umsetzungen – bis hin zur vollständigen Behinderung der Prozessierung – führen kann. Betroffen sind vorwiegend Kolonnen und Wäscher in der chemischen Industrie, sowie Gefäße zum Maischen, Fermentationsbehälter, Rührapparate, Brennblasen und Verstärkerkolonnen bei der Lebensmittelproduktion.

Die schauminduzierten Beeinträchtigungen stellen also eine wichtige Gemeinsamkeit von Chemikalien- und Lebensmittelproduktion dar, welcher sich die vorliegende Initiative widmen soll. Dennoch steht Schaummanagement für gewöhnlich nicht im Mittelpunkt der prozess- und apparatetechnischen Auslegung bzw. erweist sich deren explizite Betrachtung häufig als nicht ohne weiteres möglich. Die bisherige Behandlung des Problems erfolgt mittels hoher Sicherheitszuschläge und aufwändiger Versuche in Pilotanlagen. Häufig werden als Abhilfe mechanische Schaumzerstörer eingesetzt, die meist zu Bildung ungünstiger Sekundärschäume neigen. Auch der Einsatz von Entschäumungsmitteln als Additive (TEGEWA, 2015) zeigt hinsichtlich Lebensmittelsicherheit, Kosten und aufwändigen Trennoperationen deutliche Nachteile.

Forschungsziel und Arbeitshypothese
Das vorliegende Projekt stützt sich auf die Arbeitshypothese, dass physikalische Aktoren die im betrachteten Bereich – Kolonnen und Verdampfer in Chemieanlagen und Lebensmittelindustrie – auftretenden unerwünschten Schäume auch unter sehr komplexen stofflichen und betrieblichen Bedingungen, vom Labormaßstab bis in großskalige Anlagen, partiell oder gar vollständig zu zerstören vermögen. Dies geschieht bei den vorgegebenen Stoffsystemen rein physikalisch. Sowohl die Schaumbildungsfähigkeit, als auch die passive Prävention und Inhibierung sowie die aktive Zerstörung störender Schäume lassen sich mit Hilfe eines leicht handhabbaren Prognosetools in allen Größenskalen vorhersagen.

Im Konkreten leiten sich dabei unmittelbar zur Verifizierung obiger Arbeitshypothese (AH) die Unterziele (UZ1), Clusterübergeordneter Beitrag zur Etablierung eines ganzheitlichen Schaummanagements von Inhibierung, Prävention und Zerstörung, (UZ2), Modellierung, Simulation und Optimierung der Wirkmechanismen physikalischer Schaumzerstörung, (UZ3), Konzeption, Charakterisierung und Erprobung von fluidmechanischen, thermischen und akustischen Aktoren zur forcierten Schaumzerstörung sowie (UZ4), Schaffung einer leicht bedienbaren, informationstechnologischen Nutzerplattform auf der Grundlage einer hybriden Modell- und Datenreduktion zur Prognose von Schaumproblemen und Hilfestellung beim Einsatz präventiver Maßnahmen und aktiver Zerstörungsverfahren.

Versuche, Modelle und Ansätze
Als Lösungsweg verfolgt dieses Teilprojekt zunächst wissenschaftlich-technische Aktivitäten (i) zur forcierten, aktorischen Schaumzerstörung inkl. deren experimentell validierten virtuellen Auslegung mittels Simulation, (ii) zum Scale-up von aktiven und passiven Maßnahmen der Schaumvermeidung, -inhibierung und –zerstörung, (iii) zur Diagnose der Schaumbildung und (iv) zu deren Prognose zusammen.

Zu Beginn nehmen hauptsächlich FS2 und FS3, sowie bei Bedarf FS1 clusterübergreifend im AP1 die Charakterisierung der definierten Versuchsmedien vor. Die Arbeitspakete 2 (FS2), 3 (FS1) und 6 (FS3) studieren die Schaumzerstörung durch thermische Aktoren und Beregnung mit arteigener Flüssigkeit experimentell und simulativ auf verschieden Längenskalen. Der Lösungsweg besteht dabei einerseits aus einem simulativ basierten, virtuellen Design von Versuchsvorrichtung und –durchführung im Labormaßstab. Die dabei erhaltenen experimentellen Ergebnisse dienen andererseits der Validierung sowie ggfls. der Verfeinerung des Simulationsmodells.

Ähnlich wie bei den thermischen Aktoren und der Beregnung widmet sich FS1 in AP4 umfassenden experimentellen und simulativen Untersuchungen der Ultraschallzerstörung mittels Eigenmodusanregung durch einen Frequenz-Sweep. FS3 skaliert den US-Aktor im AP6 für den Einsatz in Chemieanlagen hoch und testet ihn unter isothermen Bedingungen an der DN300 Kolonne im Pilotmaßstab.

Den Zwischenskalenbereich zwischen Labormaßstab und produktionstechnischen Skalen deckt der in AP7 ebenfalls auf der Grundlage von Simulationen, virtuell konzipierte Demonstrator ab. Dieser bietet überdies eine hinreichende Flexibilität hinsichtlich Versuchsgestaltung und –betrieb, um clusterweit für vergleichende Untersuchungen der passiven Eingriffe zur Schaumprävention und -inhibierung sowie von Aktoreneingriffen zu dessen Zerstörung mit und ohne Transport technischer Energie einsetzbar zu sein. Abschließend erfolgt in AP5 und AP6 durch FS3 ein Scale-Up und Tests der Methoden auf halbindustrieller Größenskala (vorhandene DN300-Kolonne der FS3), um die praxisnahe Wirksamkeit nachzuweisen.

AP9 verwendet schließlich hybride Methoden aus numerischen und kognitiven Algorithmen (z.B. Neuronumerik), welche zugleich der Erstellung eines Prognosetools zur Schaumentstehung, -inhibierung und –zerstörung dienen. Die dazu clusterweit gesammelte Datenbasis wird in AP8 bereitgestellt. Hinzu kommt als konsequente Umsetzung der OZ die erstmalige, systematische Erstellung einer Datenbank, welche in der Industrie auftretende Fälle der unerwünschten Schaumbildung erfasst. Das Prognosetool liefert weiterhin Richtlinien im Umgang mit schaumfähigen Medien, welche eine effiziente Unterstützung der produzierenden Wirtschaft darstellen (FS3).

Ergebnisse

 

Forschungsstelle 1 (FS1)
Lehrstuhl für Strömungsmechanik LSTM
Department Chemie- und Bioingenieurwesen

Universität Erlangen-Nürnberg

Institutsleiter: Prof. Dr. Antonio Delgado
Projektleiter: Dr. Bernhard Gatternig

Forschungsstelle 2 (FS2)
Institut für Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelchemie
FG Lebensmittelbiotechnologie und -prozesstechnik

Technische Universität Berlin
Fachgebietsleiterin: Prof. Dr. Cornelia Rauh
Projektleiter: Christopher McHardy, M.Sc.
Mitarbeiter: Christoph Gerstenberg, M.Sc.

Forschungsstelle 3 (FS3)
Institut für Prozess- und Verfahrenstechnik
FG Dynamik und Betrieb technischer Anlagen

Technische Universität Berlin

Institutsleiter: Prof. Dr. Jens-Uwe Repke
Projektleiter: Prof. Dr. Jens-Uwe Repke
Mitarbeiter:
Kai Lechner, M.Sc.